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© exploratorium berlin

Evan Parker

geb. 1944 in Bristol, begann im Alter von 14 Jahren Saxophon zu spielen. Zu seinen frühen Einflüssen zählen Paul Desmond, Eric Dolphy und vor allem John Coltrane. Nachdem er 1962 in New York das Cecil Taylor Trio mit Jimmy Lyons und Sunny Murray in voller Blüte erlebt hatte, war er, wie er selbst sagt, „fürs Leben gezeichnet“, bekehrt von der Intensität des Free Jazz. Zurück in England fand er nach und nach Musiker, die seine Begeisterung teilten, darunter John Stevens und die Mitglieder des Spontaneous Music Ensemble – Dave Holland, Kenny Wheeler, Paul Rutherford, Derek Bailey und andere – und vor allem Peter Kowald, der ihn in die deutsche Szene einführte. Parker spielte ’68 auf Peter Brötzmanns immer noch gefährlichem ‚Machine Gun‘, und bevor die 60er Jahre zu Ende gingen, hatte er auch mit Manfred Schoof und Pierre Favre aufgenommen. 1970 trat er dem Alex von Schlippenbach Trio bei, dem er bis heute angehört, und später dem Globe Unity Orchestra. Zu diesem Zeitpunkt waren die Merkmale seines unverwechselbaren Stils bereits etabliert, seine Kombinationen aus Zirkularatmung, Zungenschlag, Rhythmusmustern, Obertönen und Polytönen machten seinen Sound sofort unverkennbar.

In den letzten vierzig Jahren war Parker vor allem in der frei improvisierten Musik als Solist und in Gruppen tätig, aber auch Jazz- und Kunstmusikkomponisten haben die fesselnde Körperlichkeit seines Tons als kontrastierendes und belebendes Element eingesetzt. Seine Saxophone waren in Jazz-Bigbands unter der Leitung von Kenny Wheeler, Chris McGregor, Barry Guy, Stan Tracey und Charlie Watts zu hören, ebenso in der Kammermusik von Michael Nyman, Gavin Bryars, Frederic Rzewski und anderen.

Parker, der eine wichtige Rolle in der europäischen Improvisation spielt, hat auch mit amerikanischen Innovatoren zusammengearbeitet, darunter Cecil Taylor, Paul Bley, Anthony Braxton, Roscoe Mitchell, George Lewis und Wadada Leo Smith. Scott Walker, Robert Wyatt, Annette Peacock, David Sylvian, Jah Wobble, Spring Heel Jack und Squarepusher haben sich alle der Klangfarben bedient, die nur Evan Parkers Saxophon zu bieten hat.

Die sich wiederholenden, detailliert ausgearbeiteten Muster von Parkers Sopransaxophon-Improvisationen erinnern an die „Loops“ der Systemmusik. Aspekte der Elektronik interessieren ihn seit langem; schon 1969 reagierten seine Saxophonphrasen in der Music Improvisation Company auf die manipulierten Spulenmikrofone von Hugh Davies. Auch im späteren Duo mit Paul Lytton stand die rohe Live-Elektronik oft im Vordergrund. Seit 1990 leitet Parker das Electro-Acoustic Ensemble, dessen radikale Verbindung von Improvisation und Echtzeit-Klangbearbeitung der Musik neue Klangfarben und Arbeitsweisen bescherte. Richard Barrett, Mitglied des Ensembles, bezeichnete das EAE als Modell für eine neue Art von improvisierendem Orchester.

Evan Parker ist auf über 200 Aufnahmen bei Labels wie ECM, FMP, Emanem, Incus, Ogun, Po Torch, Okka, Island, CBS, RCA etc. zu hören. 2001 gründete er sein eigenes Label Psi.

(aus dem Englischen von: Steve Lake)