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Denkraum: Gespräche

leeways #2: Mattin – “Social Dissonance”

Ort: exploratorium berlin

Gespräch auf Deutsch

Zu Gast: Mattin
Moderation: Mathias Maschat

Der Computer-Musiker, Performance-Künstler und Noise-Theoretiker Mattin ist Gast der zweiten Ausgabe der Gesprächsreihe leeways des Denkraum Improvisation. Mit ihm spricht Mathias Maschat über seine Arbeit als Künstler und Autor sowie insbesondere über sein neues Buch Social Dissonance.

Mattin arbeitet im Bereich Noise und Improvisation. Er thematisiert mit seinen Live-Performances, seinen Veröffentlichungen und seinen Texten explizit die sozialen und ökonomischen Strukturen experimenteller Musikproduktion. Mit seinem konzeptuellen Ansatz hinterfragt er das Wesen und die Parameter von Improvisation, insbesondere das Verhältnis zwischen der Vorstellung von ‚Freiheit‘ und ständiger Innovation, die sie traditionell impliziert, und den etablierten Konventionen der Improvisation als Genre. Mattin betrachtet Improvisation nicht nur als Interaktion zwischen Musiker*innen und Instrumenten, sondern als eine Situation, die alle Elemente einbezieht, die ein Konzert ausmachen, einschließlich des Publikums und des sozialen und architektonischen Raums. Er versucht, die stereotype Beziehung zwischen aktiven Performer*innen und passivem Publikum aufzudecken und erzeugt bewusst Gefühle von Fremdheit und Entfremdung, die diese Beziehung stören.

Seine politischen und konzeptionellen Ansätze stellt er in seinem demnächst erscheinenden Buch Social Dissonance vor, das bei Urbanomic veröffentlicht wird.

Er untersucht das Konzept der Entfremdung als konstitutiven Teil der Subjektivität, aber auch als Möglichkeit für Aufführungen und Praktiken, um zu verstehen, was er soziale Dissonanz nennt: eine strukturelle Form kognitiver Dissonanz, die aus unserem individuellen Narzissmus und der Verschmelzung von Selbstsein mit Subjektivität entspringt. Mit anderen Worten, soziale Dissonanz ist die Diskrepanz zwischen dem, was wir tun (Waren kaufen und verkaufen) und dem, was wir über uns selbst als nicht-warenartige Wesen glauben. Indem wir den Schwerpunkt vom Klang auf das Soziale verlagern, entdecken wir, dass soziale Dissonanz das Territorium ist, in dem wir uns bereits befinden, der Zustand, in dem wir leben. Sein künstlerisch-praktischer Ansatz war die Schaffung von Situationen sozialer Dissonanz im Rahmen der documenta14 in Athen und Kassel. 180 Tage lang verwandelten vier Spielerinnen und Spieler Publikumsmitglieder in ihre Instrumente, die sich dann selbst hören und ihre eigene Konzeption und Selbstinszenierung reflektieren. Die Partitur Social Dissonance hat zum Ziel, dass durch die Verstärkung von Entfremdung in Aufführungssituationen und durch aktive Partizipation neue Verständnisse von struktureller Entfremdung ermöglicht werden.

http://www.mattin.org/

 

Eintritt: 5 €

Aufnahme: https://www.youtube.com/watch?v=KqRJUPtpd6Q

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